Kennen Therapeuten die Kernbedürfnisse ihrer Patienten gut genug?
Autor des Artikels:
Dominik Klaes arbeitet als Physiotherapeut im Schwerpunkt Bewegungsapparat mit Patienten in seiner Praxis in Heidelberg und deutschlandweit per Videotherapie.
Die Frage, was für Patienten im Verlauf einer Therapie wichtig ist oder welche Wünsche und Erwartungen sie haben, stellt sich jeder Physiotherapeut. Wenn man Physiotherapeuten fragt, welche Kompetenzen ihre Patienten bei der Therapie besonders
wichtig finden, bekommt man oft fachliche Antworten. Als Antworten werden dann Dinge genannt wie: „Therapeut hat viele Fortbildungen“, „viel Erfahrung“, „großes Wissen über Erkrankungen“, „gute
Untersuchungskompetenzen“, „Fingerspitzengefühl“ etc.
Aber sind, das wirklich die Dinge, die auch den Patienten in der Physiotherapie wichtig sind?
Ich bin Dominik Klaes, Physiotherapeut mit eigener Privatpraxis für Physiotherapie in Heidelberg und ich habe zu dieser Frage recherchiert. Während meiner Recherche habe ich überraschende Erkenntnisse gewonnen, die ich hier
zusammenfasse. Wer den Artikel bis zum Ende liest, hat einiges darüber erfahren, was Patienten in der Physiotherapie wirklich wichtig ist.
Zufriedene Patienten durch gelingende Kommunikation
Was wäre Ihnen bei einem Physiotherapeuten am wichtigsten? Dass er sich gut mit Krankheitsbildern auskennt? Dass er ausgezeichnete
anatomische Kenntnisse hat? Die passenden Übungen findet? Gleichzeitig sind Betroffene i.R. aufgrund fehlenden Fachwissens kaum in der Lage, die Kompetenzen eines Therapeuten tatsächlich adäquat
zu beurteilen.
Für viele Patienten scheinen deshalb zunächst die empathischen Fähigkeiten und Kompetenzen in der Kommunikation des Physiotherapeuten
wichtig zu sein. Eine Untersuchung von Andrea Dehn-Hindenberg aus dem Jahr 2007 (1) kam zu folgendem Ergebnis:
Eine gute Therapiebewertung wird maßgeblich von der Kommunikation und dem empathischen Verhalten des Therapeuten beeinflusst.
Für den untersuchten Patienten sind umfassende Informationen und Erklärungen zu der Erkrankung, zu Möglichkeiten der Selbsthilfe und über Behandlungsmethoden von besonderer Bedeutung.
Um die Therapie als gut zu bewerten, war den Patienten laut dieser Studie besonders wichtig:
- Die Informationen, die vom Therapeuten an den Patienten übermittelt wurden.
- Das Gefühl, vom Therapeuten, auch verstanden zu werden.
- Das Einfühlungsvermögen des Therapeuten in der Therapie.
- Der von den Patienten wahrgenommene Therapieerfolg hatte einen eher geringen Stellenwert.
Praxisbeispiele aus der Physiotherapie zur Verdeutlichung
Max Müller ist 60 Jahre alt und in Rente. Er hat immer gerne und viel gearbeitet. Aufgrund seiner anhaltenden Hüftbeschwerden musste er jetzt an der Hüfte operiert werden. Es ist
das erste Mal, dass er überhaupt in Kontakt mit einem Therapeuten kommt. Max ist verunsichert und erwartet jemanden, der ihm bei seinen Beschwerden weiterhelfen kann. Sein Therapeut nimmt sich
Zeit, hört sich seine Beschwerden an und erklärt ihm genau, was jetzt nach der Operation zu tun ist.
Max fühlt sich seitdem gut betreut und sicherer als zu Beginn der Therapie. Für Max war besonders wichtig, dass ihm der Therapeut im ersten Termin aufmerksam zugehört hat, alles erklärt wurde und
die Planung der Therapie mit ihm gemeinsam erarbeitet wurde.
Franzi Mayer, 22 Jahre, hat Multiple Sklerose und ist dadurch in ihrem Leben häufig bei Physiotherapeuten in
Behandlung gewesen. Durch regelmäßige Physiotherapie hat sie ihre Beschwerden gut im Griff. Sie stellt sich bei einer Weiterbildung
als Beispielpatientin zur Verfügung. Franzi stellt fest; sie wird kaum wahrgenommen, wenn die Studierenden um sie herum diskutieren. Für die Studierenden ist es eine wahre Freude, sie können sich
austauschen, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und welche davon die beste sei.
Keiner der Studierenden kommt auf die Idee, Franzi mit in die Diskussionen einzubeziehen und sie an den Überlegungen teilhaben zu lassen. In diesen Momenten reden alle über sie statt mit ihr, sie
fühlt sich ignoriert und unwohl. Sie wird sich zukünftig wohl nicht mehr als Beispielpatientin zur Verfügung stellen.
Patienten werden häufig in kurzer Zeit mit zu vielen Informationen überflutet
Häufig berichten Patienten mit Informationen überflutet zu werden, ohne die Möglichkeit zu bekommen, auf die einzelnen Informationen oder Fragen einzugehen. Gerade in Zeiten von
Therapiebudgetierungen und Regressdrohungen gilt: Zeit ist Geld.
Das Gespräch mit den Betroffenen wird dadurch auf ein Minimum reduziert. Dabei ist ein gutes Gespräch wie ein Tennisspiel: Man spielt sich gegenseitig den Ball zu. Das heißt, nachdem etwas gesagt
wurde, sollte dem gegenüber auch ermöglicht werden, darauf zu antworten. Die meisten Menschen können sich nur wenige Informationen merken und auch umsetzen. Werden zu viele Informationen in
kurzer Zeit vermittelt, können viele Menschen dem Inhalt nicht mehr folgen.
In der Medizin wird häufig mit Fachbegriffen gearbeitet, die für „Nicht-Mediziner“ schwer verständlich sind. Für viele Patienten ist es daher sehr verunsichernd oder beängstigend, nicht alles
verstanden zu haben. Schließlich geht es um nicht weniger als die eigene Gesundheit. Angst und Unsicherheit sind für eine positive Entwicklung der eigenen Beschwerden jedoch hinderlich.
Therapeuten sind häufig "Übersetzer" und "Erklärer" für Medizinische Fachsprache
Wir Physiotherapeuten sind für unsere Patienten „Übersetzer“ und „Erklärer“ in der Therapie, dadurch lässt sich Angst reduzieren und
Sicherheit gewinnen. Gerade deshalb ist es in der Physiotherapie so wichtig, den Patient und seine Gedanken, Wünsche und Ängste
kennenzulernen.
Das Gespräch mit den PatientInnen dient nicht nur dem „Informationsgewinn“ zur späteren „Analyse“ der körperlichen Beschwerden, es ist auch wichtig, um die Wünsche, Erwartungen, Ängste und
Hoffnungen des Betroffenen zu erfahren. Diese müssen anschließend im Prozess der Therapie adressiert werden. So finden Therapeut und Patient im gemeinsamen Gespräch zu einem befriedigenden
Therapiekonzept mit gutem Behandlungsergebnis.
Empathie und Zugewandtheit scheinen Patientenzufriedenheit zu verbessern
Eine empathische und dem Patienten zugewandte Art scheint hohen Einfluss auf die Zufriedenheit der Patienten zu haben. Das lässt sich auch aus den Patientenbewertungen verschiedener Bewertungsportale für Physiotherapeuten im Internet erkennen. Hier ein paar Originalauszüge aus dem Bewertungsprofil eines Physiotherapeuten:
„Dort kümmert man sich nicht nur um das medizinische Problem, sondern auch um den Menschen!“.
„Kompetente Aufklärung – einfühlsame Betreuung – erfolgreiche Behandlung“.
„Der Therapeut hat immer wieder die Stärke meines eigenen Körpers betont, sodass mein Selbstvertrauen deutlich dazu gewonnen hat“.
Viele Therapeuten arbeiten aus ihrem Bauchgefühl heraus schon lange daran, ihre Kommunikation an die Patienten anzupassen. Umso erfreulicher ist es, dieses Bauchgefühl durch Untersuchungen
bestätigt zu sehen. Es bestätigt uns Therapeuten, weiter an uns als Menschen und an unserer Kommunikation zu arbeiten.
Mit den Erkenntnissen aus aktuellen Untersuchungen (2) sollte jeder Therapeut verstärkt, an den eigenen „Soft Skills“ zu arbeiten. Ein guter Physiotherapeut kennt eben nicht nur Muskeln und Knochen, sondern auch die Bedürfnisse seiner Patienten.
Schlussfolgerung des Beitrages
Zugewandte und empathische Kommunikation auf Augenhöhe verbessert die Patientenzufriedenheit. Therapeuten sollten die zwischenmenschliche Ebene als wichtigen Teil der Behandlung
betrachten und sich entsprechend qualifizieren.
Passend zum Thema:
Autor: Physiotherapeut in Heidelberg Dominik Klaes
Ich bin Dominik Klaes, Physiotherapeut, Krankengymnast, Personal Trainer und Gesundheitscoach in Heidelberg.
In meiner Praxis für Physiotherapie in Heidelberg, behandele ich Patienten mit Beschwerden des Bewegungsapparates
(Gelenke, Muskeln, Faszien, Bänder, Sehnen, Bandscheiben etc.). Dafür nutze ich mein Wissen aus der Physiotherapie, Krankengymnastik, dem Personal Training und dem Gesundheitscoaching.
Neben der Physiotherapie, Krankengymnastik, Manuelle Therapie und
Personal Training in Heidelberg betreue ich Wind- und Kitesurfer nach Verletzung oder bei Trainingsfragen in der
Surfer-Sprechstunde (Online und Videotherapie) in ganz Deutschland.
Weitere Informationen zu meiner Person und mir gibt es unter dem Menüpunkt über mich.
Quellenangabe:
(1a) Dehn-Hindenberg 2007:
Patientenbedürfnisse in der Physiotherapie Pt_Zeitschrift für Physiotherapeuten, 59(7)
(1b) Dehn-Hindenberg 2008
Buch: Patientenbedürfnisse
in der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie
(2) Testa, Rossettini Man. Ther. 2016
Enhance placebo, avoid nocebo: How contextual factors affect physiotherapy outcomes.